Eröffnung der Ausstellung

Alexander Sterzel

Rathaus Freiberg a.N.

Januar 1993

 

 
 
 
Bietigheimer Zeitung 1.Februar 1993



Märchen, Mythem und Träume
Ausstellung von Alexander Sterzel im Freiberger Rathaus zeigt die vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten des Künstlers


FREIBERG (itz.) Der Asperger Künstler Alexander Sterzel liebt das künstlerische Experiment und die künstlerische Vielfalt. Er produziert Videofilme nach eigenen Drehbüchern, betätigt sich als Schriftsteller und Dichter, macht Musik und malt. Als Multitalent will sich der 26jährige dennoch nicht bezeichnen lassen. Gleichwohl zeigt die gestern im Freiberger Rathaus eröffnete Ausstellung unter dem Titel „Märchen, Mythen und Träume“ mit rund 80 Exponaten die ganze Bandbreite seiner unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten.

Philosophie, speziell die von Friedrich Nietzsche, hat es dem Künstler ganz besonders angetan. Dessen Erkenntnis, das die Kunst eine lebensbejahende Form des Ausdrucks ist, sowie der Überwindung vernunft-und moralbestimmter Weltauffassung dient, hat sich Sterzel zu eigen gemacht. So stößt man beim Gang durch die Ausstellung immer wieder auf Sätze des großen Denkers, die in dem Zusammenhang mit den Bildern ganz eigene Geschichten erzählen. Über der Arbeit „Work“ steht etwa der Spruch „ Die sinnlichsten Männer sind es, welche von den Frauen fliehen und den Leib martern müssen“. Dazu hat der Asperger schlicht und einfach einen Arbeiter auf einer Bohrinsel gemalt.

Ein anderes Thema ist die Erotik, die auf vielen Bildern jüngeren Datums durchschimmert. Dabei hat sich Sterzel jedoch nicht die Schönheit zum Maßstab genommen, seine Frauen sind oft gequälte Kreaturen mit ironisch satirischen Zügen und respektlos bösartig. Angekettet und eingefangen deuten sie auf die Kälte in den Seelenlandschaften der heutigen Menschheit hin.

Fünf 1989 entstandene Öl- und Lackgemälde auf Holz im ersten Stock des Rathauses stehen dieser Kälte entgegen. Alexander Sterzel, damals noch stark von den Künstlern Rasso Rothacker aus Kornwestheim und Erich Breyer aus Ludwigsburg beeinflußt, hat Portraits geschaffen, in denen sich der dunkle Strich seiner Arbeiten schon ablesen läßt. Die Themen sind dabei genauso unterschiedlich wie die bildhafte Aufbereitung. Sein „Goldkind“ hat einen poetischen Zug, in „Längst vergangene Zeit“ vermischt sich Mensch und Natur. Bei „Gott und Billardspieler“ stößt ein Gesichtsloser die Kugel, das überdimensionale Bild „Der Boss“ erinnert an die grauen Herren in der Mafia.

Neben den Mischtechniken und Ölbildern hat Sterzel noch ein weiteres Feld der Bildbearbeitung gefunden. In der Ausstellung werden zum erstenmal Fotografien gezeigt, die in einem ersten Schritt schwarz übermalt wurden. Danach kratzte er kleine Flächen ab, um so das Motiv wieder sichtbar werden zu lassen. Der Betrachter wird quasi dazu aufgefordert, hinter die Dinge zu sehen. Bildverfremdungen, Übermalungen, Collagen und surrealistische Elemente ergänzen die Palette.

Was auf den ersten Blick wie ein Jahrmarkt der unbegrenzten Möglichkeiten aussieht, kennzeichnet nur eine fortgeschrittene Handhabung der Technik und den Motiven. Wohin diese künstlerische Reise von Alexander Sterzel letztendlich führt, vermag niemand zu sagen. Eines ist in jedem Fall gegeben. Sie wird nicht langweilig.